Diese Worte Krishnamacharyas waren und sind eine der wichtigsten Lektionen, die er seinem Schüler und Sohn Desikachar und damit allen, die seiner Tradition folgen mitgegeben hat.
Möglicherweise fragen Sie sich, ob Yoga etwas für Sie ist, weil Sie sich vielleicht zu steif dafür fühlen? Die Antwort ist: Ja!!!
Die Yogaform nach Krishnamacharya wird auch Viniyoga genannt, d.h. dass die Übungen schrittweise an den Übenden angepasst werden. Dieses Konzept legt zugrunde, dass jeder Mensch einzigartig ist und sich ständig im Wandel befindet. Somit ist dieser Yogastil flexibel und passt sich ständig an das jeweilige Alter, das Geschlecht, der Beweglichkeit und der Lebenssituation des Menschen an.
Zudem geht es um das schrittweise Entwickeln der Übungspraxis auf allen Ebenen des Seins, dem sogenannten vinyāsa krama. Das bedeutet, dass die Übungen logisch aufgebaut sind. Sowie man auch eine Festlichkeit genau vorbereiten muss, damit sie gelingen kann, wird auch die Yogastunde gezielt vorbereitet – bis zum „Aufräumen“ nach dem Fest.
Es kommt nicht darauf an was für eine Körperhaltung (Āsana) geübt wird, sondern wie man dieses Āsana ausführt. In der Tradition nach Krishnamacharya wird keine Akrobatik gelehrt, ebenso ist sie religionsfrei. Die Übungen werden individuell und kreativ an den einzelnen Menschen angepasst. Dabei behalten sie ihre ursprüngliche Funktion und Wirkung.
Mein Unterricht bezieht sich auf die Tradition Shri T. Krishnamacharya, einem der bedeutendsten Yogameister des 20. Jahrhunderts und dessen Sohn und engstem Schüler T.K.V. Desikachar.
Einer der wichtigsten philosophischen Yogatexte und damit die tragende Säule im Yoga ist das Yoga Sῡtra von Patañjali, worauf sich auch mein Unterricht stützt. Desikachar bezeichnete das Yoga Sῡtra als Landkarte der menschlichen Psyche. Meine Ausbilderin Birgit Jennissen sagte einmal: „Das Yoga Sῡtra ist eine Bedienungsanleitung für´s Leben.“
Ich selbst empfinde es als Angebot, als dienendes Werkzeug auf dem individuellen Yoga- und Lebensweg. Wenn wir uns darauf einlassen, stehen uns die Yogatexte zur Seite und können uns ein wirkungsvolles Hilfsmittel in unserem Leben sein. In der Übungspraxis werden in angenehmer Dosierung diese yogaphilosophischen Lehren des Yogasῡtras mit einbezogen, um den spirituellen Weg zu fördern.
Eine zentrale Rolle in meinem Unterricht spielt der Atem. Im Alltag ist der Atem oft flach und unbewusst. Sie erlernen, wie Sie Ihre Bewegungen mit Hilfe Ihrer Atmung leiten können.
So gelangen Sie zu einem Bewusstsein im Hier und Jetzt und zu einer besonderen Wahrnehmung und Wertschätzung Ihres Atems. Dieses spiegelt sich wiederum positiv im alltags – und beruflichen Kontext durch eine erhöhte Wachheit und bewusstere Wahrnehmung wieder.
Diese Tradition gehört auch zu dem übergeordneten Begriff Hatha – Yoga. Die übertragende Bedeutung des Wortes Hatha ist in zwei Worte aufgeteilt:
- ha = Sonne (das männliche Prinzip)
- tha = Mond (das weibliche Prinzip)
Im Hatha Yoga sollen diese beiden Aspekte, die auch für Bewusstsein und Energie stehen wieder vereint werden.